Interview
Innovative Robotersäge transformiert Möbelherstellung
Tauchen Sie ein in die Zukunft maßgefertigter Stauraummöbel mit Alpnach Schränke AG: Erfahren Sie, wie die High-Tech Robotersäge SAWTEQ B-320 flexTec von Homag, die Möbelherstellung transformiert hat.
"Der größte Vorteil der SAWTEQ ist für uns heute das mannlose, flexible Arbeiten. Beruhigend ist vor allem auch, dass die Teile richtig etikettiert sind und an der Kantenanleimmaschine keine Prozessunterbrechungen auftreten.“
Bernhard Wyrsch, technischer Geschäftsleiter von Alpnach Schränke
Ein Artikel des Fachmagazins HK, 04/2023. www.hk-magazin.com
Ein neues Wahrzeichen schmückt seit Kurzem die UNESCO-Stadt Bern: der Bäre-Tower in Ostermundigen. Mit 100 Metern nach dem Münster das zweithöchste Gebäude des Kantons, beherbergt der Tower im Erdgeschoss Gewerbe und ein Restaurant sowie eine weitere Gastronomie in der neunten Etage – mit grandioser Aussicht auf die Berner Alpen. Untergebracht sind im Bäre-Tower auch 152 Wohnungen. „Jede dieser Wohnungen haben wir 2021 mit Garderobenschränken ausgerüstet“, berichtet Brigitte Breisacher, Unternehmensleiterin und Inhaberin von Alpnach Norm, nicht ohne Stolz.
Waren es in diesem Fall Standardausführungen des Schweizer Unternehmens, zeigt sich die Bandbreite von Stauraummöbeln an einer jüngst ausgestatteten Villa: Eingebaut wurden hier „Ankleide für sie, Ankleide für ihn, Büro für sie, Büro für ihn, Kinderzimmer usw. …“ – mit dem vierfachen Budget des gesamten Bäre-Towers.
„Die Alpnach Norm ist eine Gruppe von Schwesterunternehmen, die als Alpnach Schränke, Alpnach Küchen und Zurag autonom am Markt agieren“, ordnet die Unternehmensleiterin ein. Während Alpnach Schränke sämtliche Stauraummöbel wie Schränke, Regale oder Sideboards für den Wohn- und Bürobereich produziert, bietet Alpnach Küchen via Fachhandel und Küchenstudios die Küche nach Maß. Ebenfalls über den Fachhandel vertreibt Zurag Schränke, vor allem jedoch hat sich das Unternehmen auf sanitäre Trennwände spezialisiert.
Anders als Zurag und Alpnach Küchen liefert Alpnach Schränke direkt in den Markt. Jährlich werden so 40.000 bis 45.000 Einheiten produziert, bei Küchen sind es rund 1.800 Stück. „Um diese Produkte nah am Kunden anbieten zu können, unterhalten wir in der Schweiz zwölf Niederlassungen. Mit der Trennung dieser Ausstellungen für Schränke und Küchen sowie der Ansteuerung verschiedener Vertriebskanäle sind wir sehr erfolgreich.“ Rund 90 Prozent der Schränke gehen aktuell in private Wohnungen oder Wohn-Überbauungen, 10 Prozent in den Ladenbau oder gewerbliche Räume. Im privaten Sektor werden 70 Prozent über Architekten und Generalunternehmer und 30 Prozent direkt an den Endverbraucher vertrieben. Alle Produkte verbindet hierbei ein Fertigungsprinzip: Losgröße 1.
„In den letzten 15 Jahren haben wir die Fertigung systematisch an die veränderten Kundenwünsche angepasst“, unterstreicht dazu Bernhard Wyrsch, technischer Geschäftsleiter von Alpnach Schränke. „In diesem Zuge war die vormalige Lagerteilefertigung stark rückläufig. Zwischenzeitlich sind wir noch zweigleisig gefahren, das heißt die Lager- und Serienproduktion auf der einen Seite, die Losgröße-1-Fertigung auf der anderen. Heute wird jedoch zu 100 Prozent auftragsbezogen in Losgröße 1 produziert.“
Das gilt auch für den Zuschnitt, wo seit Mitte 2021 mit einer Robotersäge SAWTEQ B-320 felexTec von Homag Plattenaufteiltechnik gearbeitet wird. Bis dahin war der Zuschnitt hinsichtlich der Kapazität regelmäßig ein Flaschenhals. Das Material für die Lagerteilfertigung bezog Alpnach außerdem zugeschnitten vom Plattenhersteller. „Vor allem mussten wir einen Mann einsetzen, der die Teile händelte, manuell etikettierte und zur Bekantung schob, wo sie erneut manuell aufgenommen und dem nächsten Prozess zugeführt wurden“, erzählt Wyrsch. „Das war natürlich eine körperlich anstrengende, monotone Arbeit. Es war aber auch eine Verschwendung an Arbeitskraft.“ Obendrein gab es das Risiko, dass falsch etikettierte Teile einen Stopp der Kantenanleimanlage erzwungen haben. „Nicht zuletzt kam es zu einem größeren Verschnitt, weil wir den Zuschnitt nicht über alle benötigten Teile (exklusive Lagerteile) optimieren konnten.“
Die Forderungen an die neue Zuschnittanlage ergaben sich aus dieser Konstellation wie von selbst. Zuallererst wollte Alpnach den Zuschnitt künftig ohne Mitarbeiter und das latente Fehlerrisiko fahren. Als Lösung bot HOMAG dafür die SAWTEQ B-320 flexTec an. Ein Mitbewerber brachte eine Winkelanlage ins Spiel. „Beide Varianten wären praktikabel für uns gewesen, weil sie auf die Losgröße-1-Fertigung in hoher Flexibilität ausgerichtet sind. Die Winkelanlage hätte sogar eine höhere Leistung gebracht“, betont Wyrsch. „Den Ausschlag zugunsten der Robotersäge gaben letztlich das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis und dass HOMAG intensiv auf unsere Bedürfnisse eingegangen ist, sich wirklich reingekniet hat.“
Die Installation der Anlage lief dann in zwei Schritten ab. Nachdem im Sommer erst die SAWTEQ montiert worden war, kam im Winter 2021 die Verkettung zur Kantenanleimanlage hinzu. „Aktuell haben wir eine Schichtleistung von 1.500 Teilen, die für uns im Durchschnitt ausreicht. Benötigen wir einen höheren Durchsatz, können wir dies über eine weitere Schicht kompensieren.“
Der Zuschnitt beginnt heute mit einem Plattenlager, das Alpnach Schränke als Hochregallager organisiert hat. Die Platten werden paketweise per Barcode erfasst, per Stapler auf eine Rollbahn aufgelegt und ins Lager geführt. Hier versorgt ein schienengebundenes Bediengerät die Kragarmregale nach festen Regeln mit Plattenstapeln. „So haben wir zum Beispiel festgelegt, auf welche Plätze nur sortenreine Platten kommen, die wir hauptsächlich benötigen, und wo Plätze mit chaotischen Stapeln besetzt werden. Während eine Lagersoftware diese Ein- und Auslagerung automatisch steuert, wird die Reihenfolge der Auftragsbearbeitung von der Produktionsleitung bestimmt. Dazu gehört auch die Festlegung, welche Aufträge separat oder zum Los zusammengefasst geschnitten werden.
„Die Zuschnittlose werden anschließend über drei Rüstplätze in Reihenfolge freigegeben“, schildert Wyrsch. „Hinter der Säge gibt es noch einen weiteren Platz für den Zuschnitt. Ist dieser Platz leer, wird ein vorgerüsteter Stapel geholt. Letztlich sind immer drei Plätze frei, sodass wir die Sicherheit haben, dass der Prozess ohne Unterbrechung abläuft. Nun geht es auch schon auf die SAWTEQ.“
Erledigt ist zu diesem Zeitpunkt bereits die gesamte Arbeitsvorbereitung, die Alpnach mit Imos (CAD) und Kuhnle (Branchensoftware) ausführt. Auch die für die Fertigung nötigen Daten wurden über Intranet an die Maschinen gespielt, wobei Schnitt Profi(t) von Homag die Zuschnittoptimierung übernommen hat. „Im Augenblick sind wir dabei, ein MES-System zu implementieren, sodass wir Aufträge noch besser bündeln können“, erzählt Wyrsch. „Wir geben die Aufträge ja kommissionsweise in die Produktion“, sagt er. „Das hat Priorität. Künftig jedoch wollen wir über die Aufträge hinweg auch gleiche Materialien und Termine vermehrt zusammenfassen. Zugleich ist es sinnvoll, Sonderdicken nur einmal am Tag durchzuschleusen, weil sie die größten Umstellungen erfordern und die Produktivität am stärksten bremsen. Mit dem MES-System wollen wir so unsere Kapazitäten noch besser auslasten.“
Die SAWTEQ B-320 flexTec, als Aufteilzelle für den flexiblen kommissions- oder kundenbezogenen Zuschnitt in Handwerk oder Industrie ausgelegt, erlaubt dank Roboter- und Nachschnitttechnologie eine vollautomatische Schnittplangestaltung. Kopf- und damit Hauptteile lassen sich in beliebiger Länge zuschneiden, wobei pro Schicht eine Fertigungskapazität von bis zu 3.000 Teilen erreicht werden kann. Weil bei Alpnach Schränke die Robotersäge und die nachfolgende Bekantungsanlage leicht unterschiedliche Durchsätze aufweisen, wird nach der Säge mit einem Puffer gearbeitet, „sodass wir die Säge auch mannlos fahren können, etwa in der Mittagspause“, so Wyrsch. „Der Puffer ist so stets ausreichend gefüllt, und die Kante hat immer genug Nachschub.“ Die Robotertechnologie gewährleistet bei diesem Zuschnitt eine nahezu 100-prozentige Verfügbarkeit, wobei eine Säge vollautomatisch in Längs- und Querrichtung aufteilt. Dies hat gegenüber anderen Sägekonzepten, etwa einer Winkelanlage, deutliche Platzvorteile. Nicht zuletzt bewegt der Roboter die Platten dank Vakuumtechnologie besonders schonend.
„Der größte Vorteil der SAWTEQ ist für uns heute das mannlose, flexible Arbeiten“, hebt Wyrsch hervor. „Beruhigend ist vor allem auch, dass die Teile richtig etikettiert sind und an der Kantenanleimmaschine keine Prozessunterbrechungen auftreten.“ Synergien ergeben sich zudem daraus, dass Alpnach nicht nur beim Zuschnitt und der Bekantung mit HOMAG arbeitet, sondern eine Reihe weiterer Anlagen des Herstellers betreibt. „So haben wir aufgrund der übergreifenden Steuerungs- und Bediensoftware eine Reihe von Wiedererkennungseffekten und können Mitarbeiter flexibel einsetzen.“
Vor dieser Kulisse wird die Zusammenarbeit über die letzten Projekte hinaus bereits fortgeführt: Für Ende des Jahres ist die Inbetriebnahme einer weiteren Aufteilsäge geplant, die ein erweitertes Teilespektrum ermöglichen soll. „Künftig wollen wir damit das Material zuschneiden, das nicht ins Hochregallager zurücktransportiert wird. Hinzu kommen selbst belegte Roh-, aber auch Kunstharzplatten“, erläutert Wyrsch. „Es gibt ja immer Teile, die auf einer Anlage nicht laufen. Indem wir diese Lücke mit der konventionellen liegenden Säge schließen, haben wir künftig ein rundum schlüssiges Konzept.“